Menschlein Wechsel dich – die vier Tendenzen einer Verkäuferpersönlichkeit
Als Mitarbeiter im Verkauf und Vertrieb entwickelten Sie im Laufe Ihrer Tätigkeitsjahre eine für Sie spezifische Identität, im sozialpsychlogischen Sinne können Sie auch sagen »die Summe der Merkmale, anhand deren sich ein Individuum, von anderen unterscheiden lässt«. Eine Analyse kann Ihnen dafür Anregungen und Impulse geben. Somit können Sie ihre Tendenz betrachten und aus verschiedenen Blickwinkeln wahrnehmen. Sie beruht auf modernen psychologischen Erkenntnissen, insbesondere auf Persönlichkeitsmodellen. Jeder Mitarbeiter im Vertrieb und Verkauf neigt zu mehreren Persönlichkeitstendenzen auf denen sich Ihre Identität und Kundenorientierung entwickelt hat. Was ist Ihre Tendenz?
Als Mitarbeiter im Verkauf und Vertrieb entwickelten Sie im Laufe Ihrer Tätigkeitsjahre eine für Sie spezifische Identität. Mit dieser Identität ausgestattet und von anderen unterscheidende Eigentümlichkeiten, also Ihr Wesen im Vertrieb.
Im sozialpsychologischen Sinne können Sie auch sagen „die Summe der Merkmale, anhand deren sich ein Individuum, hier also Sie, von anderen unterscheiden lässt!“
In diesem Beitrag begleite ich Sie auf dem Pfad der verschiedenen Kundenpersönlichkeiten und durchleuchte das Verhalten der Außendienstverkäufer gegenüber dem Kunden. Wir richten den Blick weg von außen direkt nach innen. Was geht im Moment der Kontaktaufnahme innerlich vor?
Als Erstes erfolgt in der Regel bei der Vorbereitung eine Überprüfung der Argumente für etwaige Einwände. Also stimmen wir uns eher negativ auf den Termin ein. Überlegen weniger, was positiv eingebracht werden kann. Je nach Tendenz legen wir uns die Argumentationshilfe wie einen Ordner an, der per „klick“ sofort die richtige Antwort liefern soll. Wie ein Gedanke on demand. Dabei übersehen wir allerdings das unser Gesprächspartner mittlerweile ebenfalls rhetorisch oder zumindest einmal ein Seminar oder Training zum Thema Kommunikation absolviert hat und wir somit es immer mehr mit gut ausgebildeten Gesprächspartnern zu tun haben.
Möglicherweise kommen Sie mit Kunden zusammen, von denen Sie die Meinung haben, eine weitere Betreuung ist zu kompliziert, da der Kunde eher schwierig ist. Oder liegt es eher daran, dass Sie dieselbe Kommunikation für jeden Kundentyp anwenden?
Bleiben Sie in Ihrer Argumentation stimmig. Versuchen Sie keine Versuche, um den Kunden zu täuschen. Die schwierigste Aufgabe im Verkauf ist, das bewahren der eigenen Identität, also authentisch in meiner Argumentation und Auftreten.
Passen Sie Ihr handeln und die Kommunikation stimmig an die Situation an. Verkaufen Sie nicht Ihre Seele. Diese Fassade aufrechtzuerhalten, bedeutet Kontroll- und Energieaufwand. Möglicherweise können Sie dabei in einen persönlichen Zwiespalt kommen. Verkäufer mit einer Nähe-Tendenz erbringen einen Einsatz bis zur Erschöpfung und wandern im Entwicklungsfeld auf die Distanzseite. Das Umfeld merkt anfangs keinen Unterschied. Der Verkäufer wird so lange wie möglich den „smarten Typen“ aufrecht halten, bis es zur Erschöpfung kommt und von allen Kunden oder Menschen genervt ist.
Richten Sie stets auch Ihren Blick auf Inneres. Nehmen Sie Einwände auf und beachten Sie, dass Ihnen der Gesprächspartner damit hilft. Er zeigt Ihnen dadurch, dass Ihre Kommunikation bis zu diesem Zeitpunkt nicht stimmig war! Zu überlegen ist auch, welchen Anspruch der Kunde hat, und welcher möglichen Tendenz entspricht er:
Nähe-Dauer-Wechsel-Distanz? Was soll ich für meine Argumentation berücksichtigen?
Wenn Sie auf die Grundbedürfnisse achten, werden Sie von alleine auf eine stimmige Argumentation kommen. Kunden sind verschieden und erwarten eine individuelle Betreuung. In der Kundenbeziehung werden Ihnen möglicherweise folgende Typen begegnen:
Kunden mit einer Dauer-Tendenz benötigen eher eine Argumentation, der ihren Nutzen befriedigt und sind eher ergebnisorientiert, halten Sie sich hier an Ihren roten Faden. Denn er sucht immer nach einer Struktur, um sich daran orientieren zu können. Für diesen Kundentyp ist ein Verkäufer mit einer Nähe-Tendenz günstig. Bei der Argumentation sollten Sie den persönlichen Aspekt mitberücksichtigen. Damit ist gemeint, welchen Bedarf und welchen Nutzen hat der Kunde?
Kunden mit einer Distanz-Tendenz benötigen eher einen Verkäufer mit Wechsel-Tendenz. Jedoch sollte eine Struktur im Verkaufsgespräch und in den Unterlagen vorhanden sein. Dieser Kunde mag es, wenn auch Ideen oder Vorschläge vom Verkäufer kommen. Die Argumentation sollte eher dem Qualitätsanspruch des Kunden angepasst sein. Dieser Anspruch wird häufig an sein Umfeld übertragen. Geben Sie hier keine voreiligen Zugeständnisse, denn wenn Sie den Kunden enttäuschen, wird es für Sie schwer, wieder das Vertrauen herzustellen. Denn Kunden mit dieser Tendenz nehmen es sehr genau damit.
Möglicherweise lehnt der Kunde eine weitere Betreuung durch Sie sogar ab.
Kunden mit einer Wechsel-Tendenz bevorzugen eher Verkäufer mit einer Distanz-Tendenz. Durch den Drang auf eine eigene Meinung und der Auseinandersetzung mit dem Produkt entstehen auch für den Verkäufer möglicherweise neue Ideen für die Produktentwicklung oder Verbesserungsvorschläge. Der Fokus der Argumentation liegt klar auf dem Innovationsaspekt der Produkte oder des Unternehmens.
Kunden mit einer Nähe-Tendenz benötigen eher einen Verkäufer mit einer Dauer-Tendenz. Kunden mit dieser Tendenz benötigen eher eine engere Beziehung zum Verkäufer. Sie verlassen sich gerne auf dessen Urteilsvermögen und belohnen den Verkäufer mit ihrem Vertrauen.
Beispiele für eine stimmige Argumentationsvorbereitung können folgende sein:
Handeln Sie bei unerwarteten Konfrontationen oder einem Konflikt emotionslos. Halten Sie Ihre Emotionen unter Kontrolle.
Überwinden Sie augenscheinlicher Ablehnung durch das, bilden einer „Goldenen Brücke“ zum Thema.
Helfen Sie dem Gesprächspartner, in dem Sie ihm eine Brücke bauen, oder rollen Sie einen roten Teppich aus, damit helfen Sie einen Zugang zum Thema zu finden, statt mit „Gewalt“ weiter am Thema oder Standpunkt festzuhalten.
Verkaufen kann jeder. Die Kundenbeziehung halten oder fördern ist die Königsdisziplin. Wie viele Kunden oder Verkäufer beklagen sich über mangelndes Verständnis. Wenn Sie achtsam die Strebungen und Grundbedürfnisse berücksichtigen und dabei den Blick auch auf sich nicht vergessen, ist der Vertrieb/Verkauf eine wunderbare Tätigkeit.
KLÄRUNGSPHASE MIT DER PERSÖNLICHKEITSSTRUKTUR
Das Riemann-Thomann Modell gilt als das bekannteste. Es zielt nicht darauf ab, Menschen in ihrem Verhalten zu etikettieren oder Stereotypen zu verstärken, sondern bietet Orientierung in emotionalen Beziehungen. Das Modell fördert das gegenseitige Verständnis. Die Kommunikation ist am effektivsten, wenn alle kommunikativen Aspekte des Riemann-Thomann Modells berücksichtigt werden.
WAS SIND TENDENZEN
Nach Fritz Riemann wird jeder Mensch einem der vier verschiedenen Persönlichkeitstendenzen Nähe - Distanz - Dauer - Wechsel zugeordnet: Nähemenschen, die eher harmonisierend (personenorientiert) handeln, Distanzmenschen, die eher rationell (qualitätsorientiert) denken, Dauermenschen, die eher praktisch (ergebnisorientiert) veranlagt sind und Wechselmenschen, die als eher kreativ (ideenorientiert) gelten. Mit dem Riemann-Thomann-Modell lässt sich ziemlich genau feststellen, welche Tendenzen Sie haben und wo Ihre Heimattendenz liegt. Empfehlenswert ist eine Eigenanalyse durchzuführen. Sei es als Fremd- oder Selbsteinschätzung.
KOMMUNIKATIONSVERHALTEN MIT DEN VIER TENDENZEN
I
In der Kommunikation hat jede Tendenz spezifische Anforderungen. Allgemein gelten folgende Bedürfnisse für die einzelnen Tendenzen:
Dauer-Tendenz: ist ergebnisorientiert und benötigt nur nützliche Informationen.
Distanz-Tendenz: ist qualitätsorientiert, verlangt viele Details und hinterfragt oft kritisch.
Wechsel-Tendenz: ist innovationsorientiert mit Interesse an Neuem und Besonderem.
Nähe-Tendenz: ist personenorientiert und bezieht sich auf das, was in der Umgebung (Freunde/Kollegen) aktuell oder relevant ist.
Es kann vorkommen, dass Sie Kunden treffen, bei denen Sie denken, dass eine weitere Betreuung zu kompliziert ist, weil der Kunde schwierig erscheint. Könnte es jedoch sein, dass das Problem eher darin liegt, dass Sie denselben Kommunikationsstil bei jedem Kundentyp anwenden?
EIGENSCHAFTEN UND STÄRKEN – AUFTRETEN UND VERHALTEN
Neben der inneren Wahrnehmung gibt es auch eine äußere Wahrnehmung. Damit ist die Atmosphäre vom Kunden, quasi seine Aura, während des Gesprächs gemeint: Bei der Dauer-Tendenz ist es eher gelassen und entspannt bis heiter, wohingegen die Distanz-Tendenz eher eine angespannte, kühle Ausstrahlung erzeugt. Nähe und Wechsel sind entspannt und freundlich, vielleicht sogar ein bisschen übertrieben heiter bis neugierig.
Wenn Sie dies bei Ihrem Kundenmanagement berücksichtigen und sich von Zeit zu Zeit mit den jeweiligen Tendenzen befassen, werden Sie in der Zukunft mehr und mehr über das Verhalten Ihrer Kunden lernen und weiterhin erfolgreich sein.
VERSTÄNDNIS FÜR DEN GESPRÄCHSPARTNER – AKZEPTANZ DER EIGENEN STRUKTUR
Damit Sie beim Kunden längerfristig in positiver Erinnerung bleiben, lohnt es sich, im Vorfeld und während des Gesprächs darauf zu achten, welche Gewohnheiten oder Ansprüche vorhanden sind, und auch Verständnis für den Gesprächspartner. Dafür sind eine Analyse und ein aktives Zuhören für eine vertrauensvolle Kundenbeziehung unabdingbar. Lassen Sie sich nicht dazu verleiten jeden Kunden nach „Schema F“ in eine Schublade zu stecken. Sie sollten es eher als eine Aufgabe und Herausforderung für die zukünftige Kundenentwicklung berücksichtigen und dementsprechend danach handeln. Bei jedem Kundenbesuch hinterlassen Sie eine persönliche Note.
ANFORDERUNGEN DER TENDENZEN – INNERER ODER ÄUSSERER VERKÄUFER
Der »innere Verkäufer« ist in seinem Verhalten eher Kunden- und Serviceorientiert. Wie ist dann das Verhalten im Umgang mit Kunden?
Wahrscheinlich eher emotional. Der Umgang ist freundlich und zuvorkommend, eher ein harmonisches Miteinander. Der Fokus liegt auf Vertrauen und Wertschätzung. Das höchste Streben ist die Harmonie. Die Rolle der »inneren Verkäufer« liegt in der Teamentwicklung, als Vermittler und Ausgleicher und als Beziehungsmanager.
Der »äußere Verkäufer« ist eher sachlich und kritisch. Mit dem Streben nach Rationalität und Effizienz kann es bei manchen Kunden zu Verunsicherung oder versteckter Aggression führen. Durch die distanzierte Art fällt es dem »äußere Verkäufer« leicht, schwierige Themen wie bspw. Konditionsgespräche oder Preiserhöhungen ohne ersichtliche Schwierigkeiten durchzusetzen. Ihre Kunden können sicher sein, dass sie individuell und unabhängig betreut werden. Im Vertrieb ist dieser Verkäufertyp eher als schwierig einzustufen, da er im Umgang mit Kunden eine stabile Basis benötigt. Entspricht ein Kunde nicht seinem Anspruch, kann die Beziehung unter Umständen durch verbale oder nonverbales ablehnen im Unternehmen für Verwirrungen sorgen. Die Stärke des äußeren Verkäufers liegt in der Überzeugungs- und Durchsetzungskraft.
Die Kundenbeziehung halten oder fördern ist die Königsdisziplin. Wie viele Kunden oder Verkäufer beklagen sich über mangelndes Verständnis. Wenn Sie achtsam die Anforderungen der einzelnen Tendenzen berücksichtigen und dabei den Blick auch auf sich nicht vergessen, werden Sie in der Zukunft in das Verhalten Ihrer Kunden hineinwachsen.
Herzlichst
Werner Gasser-Grape
Februar 2024